Am 20.1. zeigt das Kinoptikum

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Mo. 19:00
THE APPRENTICE - THE TRUMP STORY  OmU
USA 2024, 120 Min.
Regie: Ali Abbasi
mit Sebastian Stan, Jeremy Strong, Maria Bakalova
Pünktlich zur Inauguration dann doch noch: Damit am Ende niemand behaupten kann, von nichts gewusst zu haben.
Trailer zu THE APPRENTICE - THE TRUMP STORY
Weiterlesen... Nun ist es soweit. Obwohl Ali Abbasis neuer Film „The Apprentice“ nichts mit der dystopisch anmutenden politischen Gegenwart zu tun hat und sich jeden direkten Kommentar zu Trumps erratischem politischem Wirken verkneift, so ist er dennoch brandaktuell und wirkt wie eine Art Prequel oder Origin Story zu dem Mann, der spätestens seit 2016 die Welt in Atem hält.
Durchaus absichtsvoll beginnt The Apprentice mit dem Auftritt Richard Nixons, der bei einer Pressekonferenz wider besseren Wissens beschwören wird, dass er kein Gauner sei — eine Behauptung, die wenig später durch die Watergate-Affäre widerlegt werden wird. Ein Auftakt, der den Ton setzt für das, was das Publikum in den nächste knapp zwei Stunden erwartet. Angereichert wird diese zeitgeschichtliche Verortung in den 1970er Jahren von fiebrig-impressionistischen Bildern, die New York in jener Zeit als wahren Moloch als Verbrechen, Armut und Niedergang zeichnen.
Zu dieser Zeit ist Donald Trump (Sebastian Stan) noch ein recht unbedarfter Kerl, der Mühe hat, sich aus der Umklammerung seines gestrengen Vaters Fred (Martin Donovan) zu lösen. Die gelingt ihm erst, als er in einer New Yorker Bar den berühmt-berüchtigten Anwalt Roy Cohn (Jeremy Strong) kennenlernt, der den unverbrauchten Neuling, der auf Geheiß seines Vaters die Mieten im heruntergekommen Immobilienbesitz der Trumps noch selbst eintreiben muss, unter seine Fittiche nimmt. Cohn ist eine schillernde Figur, ein knallharter Anwalt, der früher unter Senator McCarthy Hatz auf vermeintliche Kommunisten machte und der jeden noch so schmutzigen Trick kennt und auch gnadenlos anwendet — Erpressung inklusive. Von ihm lernt Donald vor allem die drei Prinzipien, die er später in seinem Buch „The Art of the Deal“ als seine eigenen ausgeben wird: „1. Angriff, Angriff, Angriff!, 2. Gib nichts zu, leugne alles, 3. Beanspruche immer den Sieg für dich, gestehe niemals eine Niederlage ein.“ Drei Prinzipien, die bis heute für Trump gelten und die man jederzeit an ihm beobachten kann.
Doch mit der Zeit wächst Trump über seinen eigentlichen Schöpfer hinaus, verschlingt das Monstrum, dessen Entstehung wir hier beobachten können, seinen Mentor und wird diesen bei dessen Abstieg in Krankheit und Tod schmählich fallenlassen. Schließlich passt dessen HIV-Erkrankung und niemals öffentlich eingestandene Homosexualität, von der Trump durchaus wusste, nicht in das Bild des Saubermanns. Diese finale Wendung macht aus dem nuanciert gespielten Drama dann am Ende eine nahezu episch anmutende Tragödie um Loyalität, Macht und Verrat, die weit darüber hinaus geht, nur das Psychogramm eines mächtigen Mannes zu zeichnen, dem der Film auf Umwegen über die Vergangenheit hinter die Maske schaut.
Border (2018), Holy Spider (2022) und nun also The Apprentice: Drei Filme aus der Hand eines Regisseurs, die sich alle völlig anders anfühlen. Eines aber eint sie auf alle Fälle, bei aller Unterschiedlichkeit in Thematik, Genre, Erzählton und Ästhetik: Jeder neue Film von Ali Abbasi macht neugierig, begeistert, lässt staunen über so viel Talent, so präzisem Bespielen unterschiedlichster Klaviaturen, so großem Vermögen, seinen Darsteller*innen große Kunst zu ermöglichen.
Sebastian Stans Leistung in The Apprentice ist aber keine monolithische, sondern wird ergänzt, begleitet, befeuert und konterkariert von Jeremy Strong, der als Trumps Mentor und Einflüsterer Roy Cohn seinem Gegenüber mindestens ebenbürtig ist. Andres als dieser, der noch im Werden begriffen ist, dessen spätere Marotten, Grimassen und Eigenarten Stan mit leichter Hand und sehr nuanciert in Mikrodosierung einfließen lässt, ist Strongs Cohn aus anderem, härterem Holz geschnitzt: Eher klein und drahtig, stets im edlen Gewand, die grauen Haare kurzgeschoren und den Mund stets leicht geöffnet, um prompt die nächste aggressive Attacke zu reiten und die nächste Unverschämtheit in die Welt schleudern zu können, ist der Anwalt mit den zwielichtigen Methoden ein Mann voller antrainierten Marotten, die ihn zu einem gefürchteten Gegner machen.
Nein, The Apprentice wartet mit keinen großartigen neuen Erkenntnissen über Donald Trump auf. Vielmehr sehen wir hier einen jungen, unfertigen und im Grunde seines Herzens zutiefst verunsicherten Mann, der alle Skrupel über Bord wirft und an dessen sowieso recht zweifelhaften „Prinzipien“ nichts originell oder auf seinem eigenen Mist gewachsen ist. Der spätere Donald Trump, der sich hier in vielen kleinen Details andeutet, ist kein Selfmade-Man, wie er es selbst gerne immer wieder betont: seines Vaters, seines Mentors und einer Gesellschaft, die in jener Zeit die Gier zum obersten Prinzip erhob. (kino-zeit.de)
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