Heute zeigt das Kinoptikum

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Do. 18:00
BEFORE, NOW & THEN  OmU
Nana – IDN 2022, 102 Min.
Regie: Kamila Andini
mit Happy Salma, Laura Basuki, Arswendy Bening Swara
Eine historische Emanzipationsgeschichte in erlesenen Bildern und im Stile Wong Kar-wais - nur im Original mit Untertiteln!
Trailer zu BEFORE, NOW & THEN
Weiterlesen... In den 1960er Jahren kommt es in Indonesien zum Putsch. Darum muss die sanftmütige Nana auch fliehen und ihre Vergangenheit zurücklassen. Sie findet einen neuen Mann, aber keine Liebe. Er ist reich, sieht jedoch auf sie herab, und er betrügt sie. Als er eine seiner Geliebten ins Haus holt, freundet Nana sich erstaunlicherweise mit ihr an und zieht aus dieser Freundschaft die Kraft, ihr Leben frei zu führen.
Es ist ein ruhiger, kraftvoller Film, den Kamila Andini hier erschaffen hat. Einer der leisen Töne, der ruhigen Momente, die aber immer auch nachhallen. Dem Reiz der wirkmächtigen Bilder kann man sich nicht entziehen, ebenso wenig der traurigen Musik – das Cello ist dafür einfach prädestiniert.
„Before, Now & Then“ sieht einfach wunderschön aus, aber er ist beileibe nicht nur Oberfläche. Denn darunter brodelt es, wenn Andani davon erzählt, wie eine Frau versucht, sich aus dem patriarchalischen System zu befreien.
Andani erzählt von einer Zeit des Aufruhrs in ihrem Land, aber auch davon, wie Moderne und Tradition miteinander kollidieren. Das geschieht betont langsam, aber niemals langweilig. Der Film überzeugt nicht nur wegen der großartigen zwei Hauptdarstellerinnen, sondern auch, weil er inhaltlich immer wieder zu überraschen weiß. Dies ist ein Film, der den Zuschauer abholt, an der Hand nimmt und an Orte führt, die er nicht kennt. Das geschieht mit überraschenden Wendungen, aber auch mit einer hohen Emotionalität und nicht zuletzt durch das intensive Spiel von Happy Salma und Laura Basuki.
Die Kameraarbeit ist imposant – schon die erste Szene im Dschungel wirkt, als hätte man ein Gemälde vor sich, an dem man sich nicht sattsehen kann. Die Bilder, die Andini heraufbeschwört, wirken nach, ebenso die Geschichte über eine Frau, die ein Opfer der Umstände, der politischen Umschwünge, des patriarchalischen Systems sein könnte – und es bisweilen auch ist –, aber sich darüber erhebt. Dies ist ein Film, der fast märchenhaft wirkt, aber das immer wieder mit der harten Realität kontrastiert.
(programmkino.de)
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Do. 20:30
DIE GESCHICHTE EINER FAMILIE
Family Entertainment – D 2022, 87 Min.
Regie: Karsten Dahlem
mit Anna-Maria Mühe, Michael Wittenborn, Therese Hämer
Zutiefst ergreifendes und grandios gespieltes Familiendrama um Schuld und Sühne
Trailer zu DIE GESCHICHTE EINER FAMILIE
Weiterlesen... Der Verlust von Familienmitgliedern – und die Wunden der Hinterbliebenen. Schon viele Filme haben sich mit diesem Thema beschäftigt, von „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ (1973) über „Drei Farben: Blau“ (1993) bis hin zu „Rabbit Hole“ (2010) und „Hereditary“ (2018). Auch der theatererfahrene Karsten Dahlem erzählt in seinem Langfilm-Regiedebüt „Die Geschichte einer Familie“ von Schock, Schmerz und Trauma, verursacht durch den Tod eines geliebten Menschen.
Dahlem, der zuvor etwa gemeinsam mit dem Regisseur Stephan Lacant das Drehbuch zu Freier Fall (2013) geschrieben hat, schildert die Situation der zentralen Familie auf zwei Zeitebenen. In Rückblenden sehen wir, wie Christina (Anna Maria Mühe) mit ihren Eltern Werner (Michael Wittenborn) und Karin (Therese Hämer) und ihrem jüngeren Bruder Jochen (Casper von Bülow) in der Provinz lebt und Spaß mit ihrem Freund Sascha (Anton Spieker) und ihrem besten Kumpel Murat (Walid Al-Atiyat) hat. Das Ziel für Christina ist zu jener Zeit ganz klar: Raus aus dem Dorf, rein ins Leben!
Im gegenwärtigen Handlungsstrang, sieben Jahre später, sehen wir jedoch, wie all das – die familiäre Harmonie, das Glück mit Sascha, die optimistischen Zukunftspläne – in Trümmern liegt. Christina hat im Ausland als Fahrerin bei Autostuntshows gejobbt und sitzt nun nach einem schweren Unfall in einem Rollstuhl. Da sie nicht versichert ist und ihr vorerst keine entsprechende Wohnung zugewiesen werden kann, muss sie zurück in ihr altes Elternhaus.
Dort wohnt indes seit Jahren nur noch Werner, der seine Arbeit als Polizist verloren hat und alkoholabhängig ist. Karin hat die Familie verlassen, Sascha lebt mit neuer Partnerin noch immer in dem Ort, den er einst schnellstmöglich hinter sich lassen wollte. Nach und nach erfahren wir, was geschehen ist – und wie das Leben dieser Personen so außer Kontrolle geraten konnte.
Die Regel „Show, don’t tell“ beherrscht Dahlem in seiner Inszenierung ausgesprochen gut: Statt seine Figuren immer wieder erklären zu lassen, wie ihre Beziehungen zueinander sind und sich entwickelt haben, setzt er zusammen mit seinem Kameramann Martin Farkas in erster Linie auf visuelle Methoden zum Vermitteln von Emotionen, Gemütszuständen und (veränderten) Lebenssituationen.
Dabei beschönigen die Bilder nichts. Psychische Erkrankungen wie Alkoholismus und Depressionen sowie deren Konsequenzen für den Alltag von Betroffenen sind hier keine melodramatischen Gimmicks, für die sich dekorative Posen und letztlich einfache Lösungen finden lassen; vielmehr werden sie realistisch dargestellt, ohne dass wiederum das Leid der Figuren ausgebeutet wird. Zugleich ist Die Geschichte einer Familie erstaunlich dicht erzählt – kein Wort, keine Geste zu viel, alles genau beobachtet.
Dazu trägt auch das durchweg überzeugende Ensemble entscheidend bei. Anna Maria Mühe verkörpert die jugendliche Leichtigkeit ebenso glaubwürdig wie die Last, unter der Christina später kaum noch zu atmen vermag. Ebenso liefert Michael Wittenborn eine intensive Schauspielleistung als Vater, den das schlechte Gewissen plagt. Die Figuren machen sich gegenseitig Vorwürfe – können sich aber vor allem selbst nicht verzeihen.
Das erdrückende Gefühl von Schuld wird von Mühe und Wittenborn eindringlich zum Ausdruck gebracht; die beiden werfen sich furchtlos in ihre Rollen. Das macht Die Geschichte einer Familie zu einer beeindruckenden Studie über Trauer und Verzweiflung und über den Versuch, sich nach einer Tragödie wieder ins Leben zu kämpfen. (kino-zeit)
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