Am 12.5. zeigt das Kinoptikum

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So. 11:00
AUF DER ADAMANT  OmU
Aktionswoche InklusionSur l’Adamant – F 2023, 109 Min.
Regie: Nicolas Philibert
Von einem utopischen Ort der Menschlichkeit mitten in Paris
Trailer zu AUF DER ADAMANT
Weiterlesen... Am rechten Ufer der Seine, im Schatten der Pont Charles de Gaulle, im 12. Arrondissement, fern der touristischen Zentren von Paris liegt das Holzschiff mit Namen Adamant am Ufer. Tag für Tag kehren hier Menschen ein, die im Umfeld wohnen und therapeutisch begleitet werden. Sie malen, spielen Musik, beteiligen sich an der Buchhaltung und dem Ausschank von Kaffee, auch ein kleines Filmfestival wird organisiert.
Seit vielen Jahren liegt die Adamant in Paris am Ufer und ist für viele der Besucher, die man kaum Patienten nennen mag, ein zweites zu Hause geworden. Über mehrere Monate drehte der Dokumentarfilmer Nicolas Philibert auf dem Boot, fügte sich in den Tagesablauf ein, beobachtet die Therapeuten und Patienten, lässt aber vor allem letztere zu Wort kommen. Nicht in den typischen „Talking Head“-Interviews vieler zeitgenössischer Dokumentarfilme, sondern in natürlich wirkenden Gesprächen, in denen einfach zugehört wird. Bisweilen adressieren die Gesprächspartner Philibert oder seine Mitarbeiter hinter der Kamera, grundsätzlich aber hält sich der Regisseur zurück.
Vor gut 20 Jahren hatte Philibert mit diesem Ansatz auch die kleine Dorfschule gefilmt, deren Lehrer in „Sein oder Haben“ porträtiert wurde und ein großer internationaler Erfolg wurde. Viel hat sich seither im dokumentarischen Kino verändert, auch durch die Notwendigkeit den Förderinstitutionen oft schon vor dem Dreh sehr genau zu sagen, welchen Film man machen will, wurden mehr oder weniger gescriptete Dokumentationen zur Regel, Filme, bei denen schon vorher eine These geformt wurde, die dann durch passende O-Töne nur noch bestätigt werden muss.
Der inzwischen 72jährigen Philibert arbeitet ganz anderes, viel offener: Er lässt die Dinge auf sich zu kommen, verzichtet auf erklärende und oft vereinfachende Voice-Over-Kommentare, auch Texteinblendungen finden sich erst ganz am Ende. Hier stehen ganz die Menschen im Mittelpunkt, die auf der Adamant Zeit verbringen, die dort einen utopischen anmutenden Raum finden, in dem sie ihre Kreativität ausleben können, in dem sie nicht schief angeschaut werden, bloß weil sie sich ein wenig anders verhalten, als es der Norm entspricht.
Zwei weitere Filme hat Nicolas Philibert in Arbeit, die sich mit Facetten der psychiatrischen Arbeit in diesem Teil von Paris befassen werden, doch im Zuge von Einsparungen wird auch hier das Geld knapp. Erst ganz am Ende seines berührenden, zutiefst humanistischen Films öffnet Philibert mit einigen Texteinblendungen diesen Zusammenhang: Als Ort des Widerstands, an dem die Individualität der Menschen sich entfalten kann, beschreibt er die Adamant. Man kann nur hoffen, dass er erhalten bleibt.
(programmkino.de)
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So. 19:00
OPPENHEIMER  OmU
USA 2023, 180 Min.
Regie: Christopher Nolan
mit Cilian Murphy, Matt Damon, Robert Downey Jr.
Auf vielfachen Wunsch der physiktheoretische Blockbuster über den „Zerstörer der Welt“
Trailer zu OPPENHEIMER
Weiterlesen... Prometheus brachte den Menschen das Feuer und wurde dafür von den Göttern bestraft. Diese Worte stellt Christopher Nolan seinem Film voran, unterlegt mit Bildern von Explosionen. Eigentlich ist damit schon alles klar, doch wie es dazu kam, das Robert Oppenheimer (Cilian Murphy) erst zum Helden der Nation und dann zum Paria wurde ist eine lange, komplizierte Geschichte.
Zwei Stränge hat Nolans Erzählung, die zu unterschiedlichen Zeiten der Historie einsetzen, sich bisweilen überschneiden, ergänzen oder auch widersprechen. Im einen sitzt Oppenheimer vor einem Untersuchungsausschuss, der darüber entscheiden soll, ob der Physiker weiter die höchste Sicherheitsstufe behalten darf, was notwendig für Forschungen in den besonders sensiblen Bereichen der Nukleartechnologie wäre. Im anderen sitzt der Geschäftsmann und Philanthrop Lewis Strauss (Robert Downey Jr.) vor einem Ausschuss des amerikanischen Kongresses, der darüber entscheidet soll, ob Strauss den Posten des Handelsministers übernehmen darf.
Zwei Männern, zwei große Egos, sinnbildhaft für viele Männer, die die oft folgenschwere Entscheidungen treffen, die die Geschicke der Menschheit bestimmen. Zusätzlich repräsentieren diese beiden Männer zwei Sphären, die sich im Kontext nicht nur der Atombombe gegenüberstehen: Wissenschaft und Politik.
Oppenheimer selbst fand – wie man in Rückblenden erfährt – Ende der 20er Jahre seinen Weg an die Universität von Berkeley, wo er sich als einer der ersten Wissenschaftler in den USA mit den Problemen und Möglichkeiten der Quantenphysik beschäftigte, die letztlich zur Entwicklung der Atombombe führte.
Die mit Beginn des Zweiten Weltkrieges zusätzliche Relevanz bekam, denn die Gefahr einer Atombombe im Besitz der Nazis war groß, als Konsequenz entstand das Manhattan Project, dessen Leiter Oppenheimer wurde. In der Wüste New Mexikos fand sich die Elite der Wissenschaftler Amerikas zusammen, um eine Waffe zu bauen, die nicht einfach nur eine neue Waffe war, sondern, wie es an einer Stelle angebracht pathetisch heißt: Eine neue Welt.
Trugen die Forscher nun eine gewisse Verantwortung dafür, dass durch den Abwurf der zwei Atombomben über Hiroshima und Nagasaki im August 1945 mindestens 200.000 Menschen starben? Eine eindeutige Antwort auf diese ethische Frage kann es kaum geben, dass sie gerade Robert Oppenheimer umtrieb deutet Nolan immer wieder an. Vor allem erzählt er aber von Menschen, genauer gesagt Männern, die mit dem Schicksal der Menschheit spielen, dabei aber ihren eigenen Ruhm nicht aus den Augen verlieren.
Ein extrem dichtes Drehbuch hat Nolan basierend auf einer mit dem Pulitzer Prize ausgezeichneten Biographie geschrieben, in dem Physik-Größen wie Albert Einstein, Niels Bohr, Werner Heisenberg, Richard Feynman, Kurt Gödel oder Enrico Fermi oft nur winzige Auftritte haben, in denen es ebenso um den Bau der Atombombe geht, wie um die Paranoia der amerikanischen Politik.
Stilistisch ist das deutlich zurückhaltender gefilmt als man es von Nolan gewöhnt ist, allerdings bestehen gut zweieinhalb Stunden des Films auch aus teils sehr technischen Dialogen, die wenig Raum für stilistische Finesse bieten. Ein wenig verschwendet mutet da fast das Drehen auf den großformatigen IMAX-Kameras oder dem klassischen 70mm an, zumal Nolan auch die Zündung der ersten Atombombe, der Trinity, mit erstaunlicher Zurückhaltung zeigt. Die zumindest theoretische Zerstörung der Welt passierte zwar nicht, der Lauf der Welt jedoch für immer verändert. Welche Bedrohung mit dem Atom-Zeitalter einherging mag für jüngere Generationen kaum noch vorstellbar sein. Nolan dagegen wuchs in den 80er Jahren auf, als der Rüstungswettlauf der Supermächte sein (vorläufiges) Ende fand, als in Deutschland hunderttausende gegen die Stationierung von Nuklearwaffen demonstrierten, als es zur Katastrophe von Tschernobyl kam. Lange her, könnte man sagen, vielleicht auch schon vergessen, doch genau diesem Vergessen will Nolan seinen Film entgegenstellen. Eine hehre Botschaft, die „Oppenheimer“ aber auch zu einem bedeutungsschweren Film macht, als man es von Nolan gewöhnt ist, der seine stilistischen und erzählerischen Qualitäten diesmal zurückstellt und stattdessen ein „wichtiges“ Thema bearbeitet. (programmkino.de)
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