Am 19.1. zeigt das Kinoptikum

Datum Home
So. 11:00
DIE LEISEN UND DIE GROSSEN TÖNE  DF
En Fanfare – F 2024, 103 Min.
Regie: Emmanuel Courcol
mit Benjamin Lavernhe, Pierre Lottin, Sarah Suco
Die späte Begegnung zweier Brüder im Bann der Blasmusik
Trailer zu DIE LEISEN UND DIE GROSSEN TÖNE
Weiterlesen... Bei vielen Filmen lässt sich die Marschrichtung schnell vorhersehen. Der Regisseur Emmanuel Courcol, der in seiner vorherigen Kinoarbeit „Ein Triumph“ (2020) vom Versuch einer Resozialisierung durch eine Theaterinszenierung erzählte, liefert mit seiner Tragikomödie „Die leisen und die großen Töne“ indes ein Werk, das mit seinen dramaturgischen Entscheidungen immer wieder überrascht: Vom existenziell Bedrohlichen wirft er uns energisch in die Wohlfühl-Ecke; per Schleudersitz geht es unvermutet zurück in die Krise, um dort erneut das verblüffend Schöne zu entdecken. Das Drehbuch, das Courcol zusammen mit Irène Muscari und Khaled Amara verfasst hat, erlaubt sich einige Sprünge, verzichtet auf Standardsituationen und vermeidet dadurch etliche Klischeefallen.
Zunächst lernen wir Thibaut (Benjamin Lavernhe) kennen – einen international renommierten Dirigenten. Als er bei einer Probe plötzlich ohnmächtig wird, muss er erfahren, dass er an Leukämie erkrankt ist. Er benötigt eine Knochenmarkspende. Doch seine jüngere Schwester Rose (Mathilde Courcol-Rozès) erweist sich als nicht kompatible Spenderin, da sie – hoppla! – gar nicht wirklich mit ihm verwandt ist. Wie sich herausstellt, wurde Thibaut einst adoptiert. Während er bei einer wohlhabenden Familie landete, wuchs sein ebenfalls zur Adoption freigegebener Bruder Jimmy (Pierre Lottin) in einfachen Verhältnissen im Norden Frankreichs bei der Pflegemutter Claudine (Clémence Massart) auf.
Die beiden Männer treffen aufeinander – und alles scheint nun darauf hinauszulaufen, dass sich zwei sehr unterschiedlich wirkende Menschen irgendwie näherkommen und der eine dem anderen das Leben retten kann. Mit diesen narrativen Formeln will sich Courcol allerdings gar nicht lange beschäftigen. Die Knochenmarkspende erfolgt; Thibauts Leben kann erst einmal weitergehen – und die auf den ersten Blick so gegensätzlichen Brüder erkennen bald, dass sie sich ähnlicher sind, als anfangs geahnt.
Denn auch Jimmy, der in einer Schulküche jobbt, ist musikalisch begabt: Er spielt Posaune in einer Blaskapelle, die überwiegend mit Amateur:innen besetzt ist. Da deren Dirigent gerade abhandengekommen ist, könnte Thibaut (gewissermaßen als Dankeschön für die Knochenmarkspende) den Posten übernehmen, um die Truppe auf einen nationalen Wettbewerb vorzubereiten. Wer an dieser Stelle glaubt, dass sich Die leisen und die großen Töne jetzt auf die Konventionen und Stationen eines Wettbewerb-Films einlassen möchte, irrt sich gewaltig. Zum Glück.
Courcol und seine beiden Hauptdarsteller Benjamin Lavernhe und Pierre Lottin erzeugen vor der Kamera viele einnehmende Momente, um die den Umständen entsprechend recht holprige Brüderbeziehung einzufangen – etwa wenn das Duo beim Dalida-Hit Monday Tuesday… Laissez-moi danser die geteilte Musikbegeisterung feiert, obwohl die Handlung doch gerade eigentlich einen ganz anderen Pfad einschlagen wollte.
Thibaut denkt über die Ungerechtigkeit des Schicksals nach, über Chancen, die ihm gegeben wurden und Jimmy verwehrt blieben. Nebenbei zeichnet der Film ein stimmiges Bild der Lebenswelt von Jimmy und von dessen Band-Kolleg:innen. Eine komplizierte Liebelei, ein Streik in einer Fabrik und ein Finale, das die Musik als Mittel der Kommunikation zeigt – all das verbindet der Co-Autor und Regisseur zu einer Erzählung, die in ihren zahlreichen Brüchen nie ihre eigene emotionale Logik aus den Augen verliert. (kino-zeit.de)
Ausblenden

So. 15:30
FUCHS UND HASE RETTEN DEN WALD
KinderKino – NL/B/LUX 2024, 70 Min.
Regie: Mascha Halberstadt
Die Waldbewohner versus den nagenden Superschurken
Trailer zu FUCHS UND HASE RETTEN DEN WALD
Weiterlesen... Das Leben im Wald kann wirklich schön sein, und am schönsten ist es, wenn Fuchs und Hase eine Party feiern. Dann gibt’s nämlich jede Menge Kuchen und eine ultra-coole Wasserrutschbahn, auf der ihre Freunde, das Wildschwein, die Robbe und der Pinguin, so richtig Spaß haben. Dass das schöne Partyleben ein Ende hat, merkt die Eule bei ihrer Nachtwache als Erste. Im Wald plätschert es gewaltig, denn der Biber hat mit Hilfe seiner rüpeligen Rattenkumpels, sein Lebenswerk vollendet: einen riesigen Damm, der einen gewaltigen Stausee verursacht hat, in dessen Mitte nun der Vergnügungspark des Bibers steht. Diese größenwahnsinnige Konstruktion droht jetzt, den Wald unter Wasser zu setzen. Also starten Fuchs und Hase eine Rettungsaktion, die es in sich hat. Sie müssen zahlreiche Abenteuer bestehen und Hindernisse überwinden, bis sie den Biber davon überzeugt haben, dass Freundschaft wichtiger ist als sein übergroßes Ego.
„Fuchs und Hase retten den Wald“ stellt ein klassisches Thema des Kinderkinos in den Mittelpunkt: den Wert der Freundschaft. Gemeinsam ist man immer stärker als jeder Einzelkämpfer, und diese Botschaft tragen auch Fuchs und Hase nach 70 turbulenten Kinominuten zurück in ihren endlich geretteten Wald. Dabei müssen sie einen wirklich formidablen Gegner vom Wert der Freundschaft überzeugen, denn der größenwahnsinnige Biber zählt nicht nur zu den inspiriertesten, sondern auch zu den possierlichsten Kinderkino-Schurken der letzten Jahre. Aktuelle Anspielungen sowie Ähnlichkeiten mit gewissen narzisstischen Persönlichkeiten des globalen öffentlichen Lebens dürften dabei nicht ganz zufällig sein. Der Riesenstaudamm nebst megalomaner Jahrmarktsinsel ist herrlich albern visualisiert, und – wie alle Figuren des Animationsensembles – mit zahllosen liebenswerten Details ausgestattet. Das wird nicht nur den kleinen Zuschauern Freude machen, auch Erwachsene, ob als Begleitung oder einfach als Fans handwerklich gut gemachter Animation, werden sich dank der Anspielungen und Filmzitate bestens unterhalten.
Die Animation erscheint auf den ersten Blick einfach und wenig detailreich, ist jedoch durchaus raffiniert gestaltet: Die Figuren wurden vorab aus Ton gefertigt und eingescannt, dann wurde der Film mit einer entsprechenden Animations-Software erstellt. Das Ergebnis ist ein Film, der an Stop-Motion-Animation erinnert, jedoch wesentlich dynamischere und fließendere Bewegungen zeigt. Durch diese „digitale Handwerkskunst“ ist es der Regisseurin Mascha Halberstadt gelungen, den herrlich schrulligen Charakteren glaubhaft Leben einzuhauchen. Ein Extralob gebührt den wunderbar bescheuerten Helfershelfern des Bibers, den „Pi-Ratten“.
Die reichlich vorhandene, zum Teil slapstickhafte Action wird ebenso dabei ankommen wie die eingestreuten Musiknummern, deren Ironie jedoch eher auf Erwachsene abzielt. Wobei es hier erneut der Biber ist, der schon mit seinem Vorstellungssong gnadenlos abräumt. Doch wie heißt die alte Drehbuch-Regel? „Je stärker der Schurke, desto stärker der Film.“ Und „Fuchs und Hase retten den Wald“ ist ein sehr starker Kinderfilm. (programmkino.de)
Ausblenden

So. 19:00
GODZILLA MINUS ONE MINUS COLOR  DF
Cinema ObscureGojira -1.0 – JAP 2023, 120 Min.
Regie: Takashi Yamazaki
mit Ryunosuke Kamiki, Minami Hamabe, Yuki Yamada
Zum 70sten: Die Rückkehr der Riesenechse in Japans Stunde Null.
Trailer zu GODZILLA MINUS ONE MINUS COLOR
Weiterlesen... Zum Ende des Zweiten Weltkriegs landet der Kamikazeflieger Koichi mit angeblich defekter Maschine auf dem Stützpunkt auf der Odo-Insel. In der Nacht taucht Godzilla auf, vor dem die Einheimischen gewarnt haben. Er tötet fast alle Menschen des Stützpunkts. Nach dem Krieg kommt Koichi nach Hause, lernt eine Frau mit Baby kennen und sucht nach Arbeit. Die findet er auch: Auf einem Schiff, das Minen im Meer zur Detonation bringen soll. Doch dann erhebt sich aus dem Meer Godzilla – größer und tobsüchtiger, denn je. Das Monster nimmt Kurs auf Tokio.
Der Film spielt mehrere Jahre vor dem ersten „Godzilla“ aus dem Jahr 1954. Er ist aber weniger ein Prequel, als vielmehr der Beginn einer alternativen Erzähllinie. Vor allem jedoch ist „Godzilla Minus One“ ein Triumph, der zeigt, wie man Filme mit Riesenmonstern umsetzen muss. Während bei den amerikanischen Filmen des MonsterVerse rund um Godzilla und Co. die menschlichen Figuren farblos, uninteressant und stereotyp sind, funktioniert die neue Toho-Produktion auch und gerade deswegen so gut, weil man als Zuschauer in die Figuren investieren kann. Dies sind Menschen mit wirklichen Problemen, Ängsten, Hoffnungen, Traumata, denen sie nicht entgehen können.
In seinen besten Momenten ist „Godzilla Minus One“ auch ein Film über das Grauen des Kriegs und wie es selbst im Frieden nachwirkt. Zugleich erlaubt sich Autor und Regisseur Takashi Yamazaki Kritik an der Regierung, die den Krieg forcierte, der das eigene Volk mehrheitlich egal war und die junge Soldaten in den Kamikazetod trieb. Das ist erstaunlich kritisch, verleiht dem Film damit aber eine Tiefe, die man nicht unbedingt erwartet hätte. Er arbeitet natürlich auch mit dem nationalen Trauma des Atombombenabwurfs. Als Godzilla eine Stadt verheert und mit seinem Hitzestrahl eine Explosion wie bei einer Atombombe heraufbeschwört, wird der Film ganz still – bis Godzillas Schrei wieder ertönt und der schwarze Regen auf Koichi herunterprasselt. Das sind starke Bilder, die in Japan sicherlich noch mehr Wirkung erzeugen, als hier.
Die Effekte sind großartig. Sie können es mit jeder US-Produktion aufnehmen. Der Look von Godzilla orientiert sich wieder an dem des allerersten Films. Zugleich bringt Yamazaki aber auch ein paar Neuerungen ein, die erfrischend sind. Die Musik ist drängend und bombastisch, bei den Angriffen Godzillas wird sogar der Score des Originalfilms von 1954 zitiert. „Godzilla Minus One“ ist ein großer, epischer Film mit mehr als genug Monsteraction, aber er garniert diese auch mit den Elementen echten Dramas, denen selbst das typisch-japanische Übertreiben so mancher Mimen nichts anhaben kann. Nach „Shin Godzilla“ zeigt Toho erneut, wie man einen Monster-Blockbuster machen muss, nur dass „Godzilla Minus One“ sogar noch besser ist als der Film von 2016. (programmkino.de)
Ausblenden