Am 12.1. zeigt das Kinoptikum

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So. 11:00
MÜNTER & KANDINSKY
D 2024, 131 Min.
Regie: Marcus O. Rosenmüller
mit Vanessa Loibl, Vladimir Burlakov, Marianne Sägebrecht
Expressionistische Künstlerbiographie rund um das „Russenhaus“
Trailer zu MÜNTER & KANDINSKY
Weiterlesen... Die Produzentin, Autorin und Historikerin Dr. Alice Brauner („Crescendo“) betrachtet Gabriele Münters Geschichte als symptomatisch für die mangelnde Anerkennung von Frauen in der Kunst. Ihr Drehbuch ist als Doppelporträt angelegt, sie stellt aber Gabriele Münter deutlich in den Fokus, ohne dass ihr berühmter Gefährte Kandinsky zur Nebenrolle verdammt wird – er ist nur ausnahmsweise weniger wichtig. Der Film erzählt dabei nicht nur die Geschichte einer Beziehung, sondern er macht mit seiner Bildsprache moderne Kunst fühlbar.
Es beginnt mit einer Hausdurchsuchung: Gabriele Münter (Vanessa Loibl) wird 1942, lange nach der Trennung von Kandinsky, in ihrem Refugium in den bayrischen Alpen von Abgesandten der Reichskunstkammer besucht, die auf der Suche nach „entarteter Kunst“ sind. Vorher hat sie Kandinskys Bilder gut versteckt – nicht etwa aus Liebe zu ihm, sondern aus Liebe zur Kunst, die vielleicht größer ist, als es ihre Liebe jemals war.
Die beiden begegnen sich 1901 in München, wo Gabriele sich an einer privaten Kunstschule einschreibt. Es bleibt ihr nichts anderes übrig, denn die staatlichen Hochschulen lassen keine Frauen zu. Wassily Kandinsky (Vladimir Burlakov) ist ihr Dozent, sie verlieben sich praktisch vom Fleck weg, obwohl Kandinsky verheiratet ist. Die junge Frau, die gleichzeitig so temperamentvoll und ernsthaft sein kann, übt auf den älteren Mann eine große Anziehungskraft aus, und umgekehrt gilt das gleiche. Vielleicht ist es auch sein melancholischer Blick, der sie fasziniert. Die zwei Künstlernaturen ergänzen sich, die stürmische Gabriele und der intellektuelle Wassily. Ihre Beziehung ist ein Skandal, aber nicht in der Münchener Bohème, die nicht nur künstlerisch gegen alle Konventionen rebelliert.
Es folgen beinahe 13 Jahre gemeinsames Leben, geprägt von Leidenschaft, Inspiration und Versprechungen – Kandinsky verspricht ihr die Ehe. Das Paar zieht nach Bayern, Gabriele kauft in Murnau am Staffelsee ein Haus, für das sie ihr elterliches Erbe opfert. Hier in den Bergen erleben sie zusammen ihre glücklichsten Jahre. Inmitten der majestätischen Berge entwickeln sich beide künstlerisch weiter. Gabriele findet ihren Stil in expressionistischen Bildern, die von starken Farben und einer beinahe minimalistischen Gestaltung geprägt sind. In ihren Landschaftsbildern geht es dabei weniger um eine realistische Abbildung der Wirklichkeit, sondern mehr um Spannungen und Stimmungen, um die Essenz eines Bildes. Gabrieles Technik verändert sich dabei ebenso wie ihr Blick auf die Landschaft.
Diese Entwicklung nimmt Marcus O. Rosenmüller inszenatorisch auf und stellt dabei die unterschiedlichen Auffassungen zwischen den beiden Kreativen in den Vordergrund. Die großartige Bildgestaltung von Namche Okon unterstützt das in einer atmosphärisch starken Visualisierung, die auch den Schaffensprozess mit einschließt. Gabriele Münters Bilder, darunter viele Alpenlandschaften, werden in ihrer Reduktion aufs Wesentliche immer ausdrucksvoller, sie malt nicht nur, sie schabt und spachtelt und kratzt am Ausdruck ihrer Bilder, während Kandinsky sich mehr der Abstraktion zuwendet und mit Farben und Formen experimentiert. Münter und Kandinsky verloben sich, sie gründen mit Franz Marc die Künstlervereinigung „Der Blaue Reiter“, doch dann werden sie durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs getrennt. Gabriele feiert Erfolge als eigenständige Künstlerin in Dänemark und Schweden, wo sie sich niederlässt, weil sie in den kriegsneutralen Ländern auf eine Fortsetzung des gemeinsamen Lebens mit dem inzwischen geschiedenen Kandinsky hofft. Doch er geht nach Russland zurück – und heiratet dort eine andere Frau. Die Nachricht ist für Gabriele ein Schlag, von dem sie sich nur schwer erholt. Aber sie fängt sich wieder und lebt weiter für ihre Kunst.
Der Film beschränkt sich im Wesentlichen auf die gemeinsamen Jahre und erzählt manchmal etwas brav und blutleer. Da wird dann einiges erklärt, was eigentlich gar nicht erklärt werden muss – man versteht es aus den Charakteren heraus. So spielt auch die USA-Reise von Gabriele Münter mit ihrer Schwester, bevor sie sich zur Künstlerin ausbilden lässt, kaum eine Rolle für die eigentliche Handlung. Solche kleinen dramaturgischen Schwachpunkte werden jedoch durch die Bildgestaltung und die facettenreiche Darstellung des Künstlerpaares aufgewogen. Vanessa Loibl spielt Gabriele Münter als bis ins Mark kreative, leidenschaftliche Frau, die sich mit jeder Faser dagegen wehrt, in eine Schublade gepresst zu werden. Sie legt sich notfalls mit allen an, kümmert sich nicht um die Folgen und macht damit auch vieles kaputt. Vanessa Loibl spielt diesen schwierigen Charakter, diese eigentlich gar nicht so sympathische Frau sehr glaubwürdig. Vladimir Bulgakov ist als Kandinsky ein durchgeistigtes Multitalent mit Oberlehrer-Charme und leiser Melancholie im Blick, immer mit leicht arroganter Lässigkeit. Er scheint es zu bedauern, nicht im Mittelpunkt zu stehen. Denn hier geht es um Gabriele Münter, die mit ihrem Willen und ihrer Energie einfach immer weitermacht, allen Hindernissen zum Trotz – und mit allen Konsequenzen. Eine Künstlerin auf der Suche nach Perfektion und Vollendung. (programmkino.de)
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So. 15:30
KEDI - VON KATZEN UND MENSCHEN
KinderKino – TÜR/USA 2016, 79 Min.
Regie: Ceyda Torun
Ein Streifzug auf Samtpfoten durch Istanbul
Trailer zu KEDI - VON KATZEN UND MENSCHEN
Weiterlesen... „In Istanbul ist die Katze mehr als nur eine Katze. Die Katze verkörpert das unbeschreibliche Chaos, die Kultur und die Einzigartigkeit, die Istanbul ausmacht“, heißt es in dieser Doku einmal. Tatsächlich genießen die Tiere in der türkischen Metropole einen ganz besonderen Stellenwert. Sie führen als Streuner ein Leben in völliger Freiheit und können sich darauf verlassen, von den Bewohnern ihre Streicheleinheiten und Futter zu bekommen. Selbst Fischhändler zeigen sich nachsichtig beim regelmäßigen Ladendiebstahl durch die selbstbewussten Vierbeiner.

Sieben Miezen macht die Doku zu ihren Stars. Weil jede einen ausgesprochen eigenwilligen Charakter besitzt, entsteht ein amüsantes Figurenkarussell mir reichlich Potenzial für kleine Geschichten. Da wäre Sari, die Gaunerin. Eine weiß-gelb gescheckte Katze, die als hartnäckige Bettlerin in den Cafés erfolgreich ist. Die grau-braun gefärbte Bengü setzt auf schnurrenden Charme, ebenso wie Kuschel-Kater Deniz, auch Schmetterling genannt. Der schwarz-weiße Kater Aslan macht sich als Rattenjäger in einem berühmten Fisch-Lokal beliebt. Selbst von den Hunden gefürchtet ist die resolute Kurzhaar-Katze Psikopat, die ihren Namen nicht zu Unrecht trägt. Als König des Künstler-Viertels genießt Gamsiz, der Spieler, sein sorgenfreies Leben, derweil der grau-weiße, etwas pummelige Duman seinem Beinamen Gentleman alle Ehre macht und sich auf die regelmäßigen Leckerbissen eines Feinkost-Ladens verlässt, die eine in ihn vernarrte Besitzerin bereitstellt. Jeder der pelzigen Streuner hat Einwohner gefunden, die sich um ihn kümmern - wobei die Regeln der Zuneigung allein von den Vierbeinern aufgestellt werden. Die Katze kauft den Menschen nicht im Sack, sondern gibt sich wählerisch, wen sie als Dienstleister zulässt. Die wiederum bieten ihren Service überaus willig an. Für die einen wirkte bereits die bloße Beobachtung der Samtpfoten wie Balsam in der Großstadt-Hektik. Für die anderen taugen Füttern und Streicheln sogar als wirksame Therapie gegen Depressionen.

Die in Istanbul aufgewachsene und mittlerweile in den USA lebende Regisseurin Ceyda Torun versteht ihren Film als „Liebesbrief an die Katzen und die Stadt“. Kaum verwunderlich, dass sie ihre tierische Helden mit niedlichen Namen versieht, während die Menschen lediglich als unbekannte Erzähler, gleichsam als Statisten, ihre Begeisterung äußern dürfen. Ebenso konsequent bewegt sich die Kamera häufig auf Augenhöhe der streunenden Stars. Die Katzenperspektive ermöglicht ganz neue Ansichten auf die Stadt und ihre Bewohner. Der Zuschauer ist mittendrin, statt nur dabei. Vor allem aber bieten sich Chancen zu eindrucksvollen Großaufnahmen der geschmeidigen Schönheiten auf vier Pfoten.

Katzenhasser mögen bemängeln, dass die Story-Substanz kaum ganz abendfüllend ist. Für Fans jedoch dürfte das verspielte Konzept absolut funktionieren und eine süchtig machende Wirkung wie Katzenminze haben. Die Hoffnung der Regisseurin scheint allemal aufzugehen, wonach ihre flauschige Doku „sich für den Zuschauer anfühlt, als hätte sich gerade unerwartet eine inbrünstig schnurrende Katze auf seinen Schoß gekuschelt.“
(programmkino.de)
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So. 19:00
ELEMENT OF CRIME IN WENN ES DUNKEL UND KALT WIRD IN BERLIN
MonatsDoku – D 2024, 90 Min.
Regie: Charly Hübner
Da capo: Zwei Zusatztermine mit den „Elements“
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Weiterlesen... Vor fast 40 Jahren, 1985, gründete Sven Regener gemeinsam mit Jakob (Ilja) Friederichs, Paul Lukas, Jürgen Fabritius und Uwe Bauer die nur schwer in Genreschubladen einzuordnende Band Element of Crime. Von der ursprünglichen Besetzung sind zwar heute nur noch Regener und Friederichs Teil der Band, melancholische, Singer-Songwriter-esque Rockmusik schreiben und spielen sie aber auch heute noch.
In Gedenken an den 2022 verstorbenen Bassisten und langjährigen Produzenten David Young, der zwanzig Jahre lang ein integraler Teil der Berliner Band war, hat Charly Hübner (Wildes Herz) die aktuelle Besetzung der Band bei ihrer fünf Konzerte langen Berlin-Tour 2023 begleitet. Als großer Fan der Band führt er selbst Regie, stellt genau die Fragen, die man als Fan beantwortet hören möchte, und steht regelmäßig selbst neben den Bandmitgliedern vor der Kamera. Die Tour durch den Privatclup, das Lido, das SO36, den Admiraspalast und die Spandauer Zitadelle dient nicht nur als roter Faden für die Dokumentation, sondern auch für die Geschichte der Band. Vom kleinen Club zur großen Open-Air-Location arbeiten Element of Crime ihre eigene Historie auf: Wie kam es zur Gründung der Band, nachdem sich Neue Liebe aufgelöst hatten? Wer nimmt welche Rolle in der Band ein? Wie geht man mit Meinungsverschiedenheiten um und wie kam es zum Wechsel von englischsprachigen zu deutschen Texten? Hübner genießt es dabei sichtlich Zeit mit der Band verbringen zu können, deren Musik er schon so lange verfolgt. Das „abnerden“ über spezifische Abende in den 90ern oder die Querverbindungen zu anderen Bands überträgt die Begeisterung auf die Zuschauer*innen, egal ob man selbst bereits Fan der Band ist oder noch nie zuvor von ihr gehört hat. Wenn Nostalgie und Realität verschwimmen, bleibt die Leidenschaft für die Musik.
Zwischen den Fragen, die anekdotisch an Küchentischen, auf Parkbänken oder in Berliner Kneipen beantwortet werden, streut Hübner immer wieder ganze Songs der wie nebenbei mitgefilmten Konzertaufnahmen ein. Die alltägliche Banalität, die Regeners Songtexte dominiert, färbt auch die Stimmung der Dokumentation. Und auch die fünf von Element of Crime ausgewählten Vorgruppen, unter anderem Isolation Berlin und Von wegen Lisbeth, bekommen in der Dokumentation eine Bühne geboten. Ganze Songs aus ihren Auftritten werden gegen kurze Interviews geschnitten, um nicht nur über Einflüsse der Elements zu sprechen, sondern sie direkt hörbar zu machen.
Neben Archivaufnahmen alter Auftritte, Musikvideos und Bildern, die mit großartigem Timing in die Dokumentation eingewoben sind, wird auch mal ein ganzer Soundcheck der Band gezeigt, bei dem mehr schiefläuft, als letztendlich gelingt. Hübner macht die Chemie der Band erlebbar und fängt ihre zwischenmenschlichen Dynamiken so natürlich wie möglich ein. Auch wenn so einige Fragen zu kurz kommen und das anekdotische häufig gegen die tiefgehenden Gespräche überwiegt, fängt Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin allem voran die Musik der Band, ihre Stimmung, die einzigartige Attitüde und ihre musikalischen Einflüsse mit Leidenschaft, aber frei von Pathos, ein.
„Da geht am Ende viel daneben — So wie überall im Leben — Wer nicht mehr stehen kann fällt hin — Wenn es dunkel und kalt wird in Berlin“ (kino-zeit.de)
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