Am 13.12. zeigt das Kinoptikum

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Fr. 18:00
HALTLOS
D 2024, 93 Min.
Regie: Kida Khodr Ramadan
mit Lilith Stangenberg, Samuel Schneider
Vielschichtige one-woman-show am Rande des Nervenzusammenbruchs
Trailer zu HALTLOS
Weiterlesen... Die Berliner Schauspielerin Lilith Stangenberg gibt sich stets mit absoluter Hingabe dem Lieben und Leiden ihrer Figuren hin – völlig furchtlos, ohne erkennbaren Wunsch, vom Publikum zwangsläufig gemocht zu werden. Insbesondere in ihren Kollaborationen mit Khavn zeigt sich, dass Stangenberg vor allem dann zu ihrer besonderen Stärke zu finden scheint, wenn ihr möglichst viele Freiheiten eingeräumt werden und sie gemeinsam mit dem Film die Grenzen des Erzählkinos überwinden darf.
Dies wird nun auch in Haltlos deutlich, der neuen Regiearbeit von Kida Khodr Ramadan. „Eigentlich haben wir zusammen Regie gemacht“, meint Ramadan in einem Statement. Nach einem Drehbuch von Antje Schall wird die Geschichte von Martha (Stangenberg) erzählt. Zu Beginn dreht sich Martha in ihrem Schlafzimmer im Kreis, bis sie aufs Bett fällt. An der Wand hängt ein Poster von Bruce Lee. Die Musik von Brezel Göring, die das Geschehen untermalt, hat etwas sehr Dramatisches. Martha könnte die Heldin einer späten verträumten Coming-of-Age-Story sein – aber die Welt um sie herum erwartet von ihr, zu funktionieren.
Sie wird immer wieder wie eine Person behandelt, die doch bitte das tun oder zumindest über sich ergehen lassen soll, was von ihrem privaten oder beruflichen Umfeld gerade als „angemessen“ (oder als einfachster Weg) empfunden wird. Sich im Job ausbeuten zu lassen, zum Beispiel. Das sollte jawohl kein Problem sein! Oder einen „richtigen“ Mann zu finden, keinen verheirateten. Und auf gar keinen Fall zu klammern! Nichts zu wollen, was jetzt irgendwie unbequem für andere ist! Das geht nicht, das stört, das hat hier wirklich überhaupt keinen Platz.
Martha ist schwanger. Sebastian (Samuel Schneider) ist der Vater. Allerdings hat der ja schon eine Ehefrau. Ihre Mutter (Jeanette Hain) ist irritiert. Isabel (Zsá Zsá Inci Bürkle), Marthas Schwester, scheint ihr Leben wesentlich besser im Griff zu haben, mit Mann und Kind. Ist natürlich total schön für Martha, das ständig vermittelt zu bekommen, klar. Als sie ihr noch Ungeborenes zur Adoption freigeben will, ist sie überrascht, wie einfach das geht. Doch dann hegt sie Zweifel. „Warum soll ich kein Kind kriegen?“, fragt sie verletzt.
Die Kamera von Stéphane Kuthy folgt Martha durch die deutsche Hauptstadt, die hier bewusst über keinerlei Glamour verfügt. Ein Film über eine junge Frau, die bei einem Plattenlabel arbeitet und Sex mit einem verheirateten Typen hat? Das hätte schnell ein grässliches Hipster-Movie werden können. Stattdessen hält Haltlos, was der Titel verspricht. Der Film stürzt sich in sein Thema, ohne zu wissen, wo er wohl landen wird und wo er sich zwischendurch eventuell mal abstützen könnte. Er lebt von Stangenbergs Mut, von ihrer Intensität. Auch auf dem Soundtrack ist sie zu hören. An einer Stelle singt sie vom Verfall, von der Trostlosigkeit – um sich dann in die nächste Szene voller Schmerz, Wut, Enttäuschung zu werfen. (kino-zeit.de)
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Fr. 20:30
IN A VIOLENT NATURE  OmU
Cinema Obscure – CND 2023, 90 Min.
Regie: Chris Nash
mit Ry Barrett, Andrea Pavlovic, Cameron Love
Ein vorweihnachtlicher, geradezu meditativer Slasher in Slow-Motion
Trailer zu IN A VIOLENT NATURE
Weiterlesen... Das Slashergenre ist so etabliert, dass es in vielerlei Hinsicht festgefahren wirkt: Der Plot folgt bekannten Mustern, zeigt die üblichen Charaktere und die spannendste Fragen bezüglich des Killers sind stets, welche Maske er trägt und welche Waffe er nutzt. Es gibt scheinbar wenig Möglichkeiten für Variationen. Und doch gelingt es gelegentlich Regisseurinnen und Regisseuren, dem Genre frische Elemente hinzuzufügen. So auch im kanadischen Slasherfilm „In a Violent Nature“ von Chris Nash.
Eine Gruppe von College-Kids verbringt einige Tage in einer Waldhütte. Beim gemütlichen Lagerfeuer werden abends die schaurigsten Legenden ausgepackt, die man sich über den Wald erzählt – darunter auch die Erzählung von Johnny, dem Sohn eines lokalen Händlers, der einst aufgrund eines Streichs einiger Holzfäller von einem Feuerwachturm stürzte und starb. Kurz nach seinem Tod soll Johnny als rachsüchtiger Killer zurückgekehrt sein und zahlreiche Menschen auf brutale Weise ermordet haben. Auch Jahrzehnte später hat es eine ungewöhnlich blutige Mordserie im Wald gegeben – Gerüchten zufolge ebenfalls von Johnny verübt. Tatsächlich findet die Gruppe den berüchtigten Feuerwachturm und nimmt von dort ein Medaillon mit. Schon wenige Stunden später beginnt das Morden im Wald von Neuem.
In puncto Handlung wandelt In a Violent Nature auf altbekannten Pfaden: Ein einsamer Wald, ein scheinbar unsterblicher Killer, eine gruselige Backstory und eine unvorsichtige Gruppe junger Erwachsener. Alle Zutaten für einen 08/15-Slasher sind vorhanden – und doch birgt Chris Nashs Film einige Überraschungen.
Da wäre zunächst die Erzählperspektive: Der Film wird nahezu ausschließlich aus Sicht des stummen Killers gezeigt. Die meiste Zeit sehen wir Johnny von hinten, wie er unerbittlich seine Opfer verfolgt. Und wie es nun einmal ein echter Slasherfilm-Killer macht, rennt Johnny grundsätzlich nicht, sondern stapft gemächlich durch den Wald. Plötzliche Schnitte ohne Überblendung verdeutlichen die Zeit, die dabei ins Land geht: Ob Morgen, Mittag, Abend oder Nacht, Johnny ist langsam, aber unaufhaltsam. Der Film kokettiert mit den Regeln des „Slow Cinema“, eines minimalistischen Filmstils, der sich, wie der Name bereits impliziert, viel Zeit lässt. Die Betonung liegt eher auf atmosphärischen Long Takes als auf rasanter Action; selbst die Erzählung an sich tritt in In a Violent Nature in den Hintergrund, um dem gemächlichen Killer im Wald die Bühne zu bereiten.
Zum minimalistischen Ansatz passt auch, dass Nashs Film ohne musikalischen Soundtrack auskommt und zudem im 4:3-Format gedreht wurde. Das erinnert einerseits an die Hochzeiten des Slashergenres in den 80er-Jahren, zu denen nun einmal Videokassetten und Röhrenfernseher anstelle von 4K-Auflösung und Widescreen-Geräten gehören. Andererseits erweckt In a Violent Nature dadurch auch den realistischen Look eines amateurhaft mit Camcorder gedrehten Heimvideos.
Diese ungewöhnlichen Entscheidungen bedeuten jedoch nicht, dass In a Violent Nature zimperlich ist. Im Gegenteil: Eben weil die Produktion sich sehr viel Zeit lässt und an vielen Stellen recht simpel wirkt, sind die eindrucksvollen Kills umso überraschender. Auch hier bringt Nashs Film eine gehörige Prise Nostalgie für alte Slasherfilme mit, denn viele der gezeigten Morde sind dermaßen gewaltvoll, dass sie wieder ans Alberne und Komische grenzen.
Für Slasherfans, die die Geduld mitbringen, auch einen langsam inszenierten Film genießen zu können, ist In a Violent Nature eine volle Empfehlung. Wer dagegen kurzweilige Action bevorzugt, sollte sich lieber nach einem anderen Film umschauen. (kino-zeit.de)
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