KinderKino – Mamma Mu hittar hem – S/NL 2021, 65 Min. Regie: Christian Ryltenius, Tomas Tivemark
Eine Kuh macht Muh, und die Krähe kräht dazu
Weiterlesen...Wer Mama Muh kennt, weiß, dass sie eine ziemlich ungewöhnliche Kuh ist. Und darauf ist sie auch mächtig stolz. Die ermutigenden Geschichten um die abenteuerlustige Kuh und Krähe von Autorin Jujja Wieslander und Illustrator Sven Nordqvist, kommen auf die große Leinwand. Auf ihrem Bauernhof trifft Mama Muh auf eine Storch-Dame, die gerade nach einem langen Flug aus dem südlichen Afrika angekommen ist. Mama Muh liebt es, von all den aufregenden Orten und Sehenswürdigkeiten zu hören, die sie auf ihrem Weg passiert hat. Krähe, etwas eifersüchtig auf den Neuankömmling, zeigt sich nicht so beeindruckt und meint, dass sie all das und noch viel mehr hier in ihrem Zuhause haben. Ein „Zuhause“ ist jedoch kein Konzept, mit dem ein Zugvogel vertraut ist. Jetzt ist es an Krähe aufzutrumpfen. Ihr Stolz schlägt jedoch bald in Verzweiflung um, als sie merkt, dass Storch dieses schöne Heim nun mit ihr teilen und bei ihr einziehen möchte. Und Mama Muh fragt sich unterdessen, ob da draußen in der großen, weiten Welt nicht doch noch mehr auf sie wartet, als bisher vermutet und begibt sich auf ein großes Abenteuer. Als ein weit gereister Storch auf dem Bauernhof auftaucht, stellt sich für Mama Muh die Frage: Was ist eigentlich ein Zuhause? Wie kann sie sicher sein, dass die Wiese und der Bauernhofwirklich ihr Zuhause sind? Was ist, wenn es irgendwo anders in dieser großen, weiten Welt etwas Besseres gibt? Krähe kämpft darum, seiner Freundin zu zeigen, dass das Gras auf der anderen Straßenseite nicht grüner ist - aber manchmal muss man sich verirren, um den Weg nach Hause zu finden.(Verleih)Ausblenden
Sa. 18:00
DIE RÜCKKEHR DES FILMVORFÜHRERS OmU
MonatsDoku – Le Retour du projectionniste – D 2024, 87 Min. Regie: Orkhan Aghazadeh
Von der Magie des Kinos in den entlegenen Weiten Absurdistans
Weiterlesen...Mühsam geht der alte Mann Samid einen steilen Hang hinauf, auf dem Esel, den er hinter sich herzieht, sitzt sein Enkel Ayaz. Ein wenig erinnert das ungleiche Duo an Don Quijote und seinem treuen Gefährten Sancho Pansa, zumal Ayaz einen Laptop in der Hand hält und in den einsamen Bergen von Aserbaidschan nach Empfang sucht. Ein schwieriges Unterfangen, denn das kleine Dorf an der Grenze zum Iran existiert fernab der Zivilisation, fast wirkt es so, als würde die Zeit stillstehen. Vor zwei Jahren ist Samids Sohn bei einem Arbeitsunfall ums Leben gekommen, seitdem lebt der alte Mann noch isolierter vom Rest der Dorfgemeinschaft. Mit Hilfe seines Enkels soll sich das nun ändern, denn in Samids Scheune steht ein seltsames Relikt: Ein alter 35mm Filmprojektor, auf dem vor vielen Jahren regelmäßig Filme für die Dorfgemeinschaft gezeigt wurden. Die älteren Bewohner des Dorfes erinnern sich auch noch vage an die letzte Vorführung und so beginnen die Frauen, eine Leinwand zu nähen, während die konservativen Religionswächter bedenken anmelden: Nur wenn es keine obszönen Szenen zu sehen gibt, werden sie ihr Okay zur geplanten Vorführung geben. Doch die auf die Beine zu stellen erweist sich ohnehin als schwieriger als gedacht: Die Birne für die Projektion hat natürlich längst ihren Geist aufgegeben, einen Ersatz zu bekommen, ist trotz Internet kaum möglich. Und noch ein Problem tut sich auf: Es finden sich zwar noch Rollen eines Films, allerdings fehlt die letzte und wird nun anhand der Erinnerungen der Dorfbewohner nachgestellt. Eine Ode an das Kino ist „Die Rückkehr des Filmvorführers“; den Autor und Regisseur Orkhan Aghazadeh in der Grenzregion zwischen Aserbaidschanisch und Iran realisierte. Die streng komponierten Breitwandbilder lassen den Film oft wie einen Spielfilm wirken, lange Einstellungen der spektakulären Landschaft verstärken den melancholischen, meditativen Eindruck einer Welt, in der äußere Ereignisse, wenn überhaupt nur schemenhaft wahrgenommen werden. Der Ukrainekrieg, der Konflikt um die von Armenien beanspruchte Region Bergkarabach werden am Rande gestreift, beeinflussen das Leben im Dorf jedoch nur marginal. So wird das Kino nicht nur zu einem Bindeglied zwischen den Generationen, sondern auch zur Außenwelt, allerdings einer längst vergangenen. Mit den Bewohnern des Dorfes hat Aghazadeh gedreht, lässt sie in langen Einstellungen Variationen ihrer selbst spielen, lässt die Grenzen zwischen Fiktion und Dokumentation zerfließen. Das Ergebnis überzeugt als Film über eine Welt, die wie eine Zeitkapsel fernab der Ströme der Geschichte existiert und von den Erinnerungen an vergangene Zeiten am Leben erhalten wird. Selbst das Kino weißt hier weniger in die Zukunft, sondern in die Vergangenheit, denn natürlich erweist sich auch der Film, der am Ende projiziert wird, als Relikt der Vergangenheit, zumal es sich um ein indisches Melodram handelt. (programmkino.de)Ausblenden
Sa. 20:30
THE SUBSTANCE DF
Cinema Obscure – F/GB 2024, 140 Min. Regie: Coralie Fargeat
mit Demi Moore, Margaret Qualley, Dennis Quaid
Beißender Body-Horror unter der gleißenden Sonne Hollywoods
Weiterlesen...In der normalen Welt ist 50 vielleicht kein Alter, in Hollywood allerdings eine Katastrophe. Kurz nach ihrem 50. Geburtstag erfährt die passend heißende Elisabeth Sparkle (Demi Moore) dann auch, dass ihre Karriere vorbei ist. Einst hatte die Schauspielerin sogar den Oscar gewonnen und einen Stern auf dem Pflaster des Hollywood Boulevard bekommen, von diesen Höhen war sie ohnehin schon hinabgestiegen und hatte mit hyper-sexualisierten Aerobic-Sendungen im Jane Fonda-80er-Jahre-Gedächtnislook Erfolge gefeiert. Doch auch damit ist es nun vorbei, Frischfleisch muss her, wie der wenig subtile Produzent Harvey (!) (Dennis Quaid) es formuliert. Kein Wunder also, dass Elisabeth der Versuchung nicht widerstehen kann, als ihr ein Unbekannter den Hinweis auf The Substance gibt, einer Wunder versprechenden Verjüngungskur. In einer finsteren Gasse erhält Elisabeth ihr Paket und setzt sich die Nadel. Mit dem Ergebnis, dass sich ihr nackter Körper öffnet und eine jüngere, schönere Version ihrer selbst aus ihr heraussteigt: Sue (Margaret Qualley) ist knackiger, ehrgeizig und überzeugt Harvey so sehr, dass er auch ihre ungewöhnliche Bedingung als Nachfolgerin bei der Aerobic-Show akzeptiert: Nur alle zwei Wochen kann Sue vor der Kamera stehen, denn sie und Elisabeth sind nicht etwa zwei Wesen, sondern ein Organismus. Und wenn der eine Teil nicht regelmäßig Pause macht und den anderen leben lässt, dann hat das katastrophale Folgen. In grellem Licht der kalifornischen Sonne inszeniert Coralie Fargeat ihre vollkommen durchgedrehte, überdrehte Satire mit der sie Demi Moore die mit Abstand interessanteste, komplexeste Rolle ihrer Karriere schenkt. Dass Moore selbst 60 Jahre alt ist, hier aber eine 50jährige spielt, dass Moore selbst dafür bekannt ist, im Lauf der Jahre immer wieder die Arbeit von Schönheitschirurgen in Anspruch genommen zu haben macht sie zur idealen Besetzung einer Frau, die gegen den unweigerlichen Lauf der Zeit und die immer noch geltenden Gesetze des Showbusiness ankämpft. Besonders clever dabei: Nicht allein die männlichen Bosse werden als geifernde Sexisten dargestellt, die nach jungen, unverbrauchten, festen Körpern lechzen. Vielmehr ist es Elisabeths Alter Ego, ihr jüngeres Selbst Sue, die bewusst die Regeln bricht und nach einer Woche nicht den Staffelstab an Elisabeth übergibt. Mehr als ein Hauch von Dorian Gray weht hier durch „The Substance“, allein die zunehmende Zerstörung des Gemäldes, das Dorian Gray auf dem Dachboden versteckt, zeigt sich hier an Elisabeth, die umso mehr verfällt, je mehr Lebenszeit ihr Sue quasi stiehlt. Auch wenn „The Substance“ mit 140 Minuten eine ganze Spur zu lang geraten ist, nicht alle Ideen und Allegorien durchdacht wirken: Mit welcher Härte Coralie Fargeat ihren Ansatz zu seinem konsequenten Ende führt kann nur beeindrucken. Voller Wut auf das System des Schönheitswahns inszeniert sie einen am Ende blutrünstigen Exzess, der nichts für schwache Nerven ist. Ein bemerkenswerter Film, bei dem Lachen und Ekel gleichermaßen im Halse stecken bleiben. (programmkino.de)Ausblenden