Am 15.9. zeigt das Kinoptikum

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So. 11:00
EIN KLEINES STÜCK VOM KUCHEN  DF
Keyke mahboobe man – IRN/F/S/D 2024, 97 Min.
Regie: Maryam Moghaddam, Behtash Sanaeeha
mit Lily Farhadpour, Esmail Mehrabi, Mohammad Heidari, Melika Pazouki
Der Publikumsliebling der Berlinale: Eine ebenso ergreifende wie vergnügliche Rom-Com der ganz besonderen Art
Trailer zu EIN KLEINES STÜCK VOM KUCHEN
Weiterlesen... Die ersten Lacher gibt es bereits nach zwei Minuten. Viele weitere sollten folgen. Selbst Szenenapplaus, das seltensten Phänomen auf Filmfestivals, spendiert ein begeistertes Berlinale-Publikum. Einmal mehr beweist das iranische Kino, mit welch emotionalen Wucht es seine anrührenden Geschichten erzählt – und dabei auch vor Kritik am iranischen Mullah-Regime der Intoleranz nicht zurückschreckt.
Erzählt wird die ungewöhnliche Lovestory einer 70jährigen Witwe, die ganz plötzlich wieder die Lust auf das Leben und die Liebe entdeckt. Tochter und Enkel leben längst im Ausland, nur selten gibt es Telefongespräche. Die Kaffeekränzchen mit Freundinnen werden häufig von bedrückenden Krankheitsgeschichten dominiert, eine der Damen will gar das Video ihrer Darmspiegelung vorführen. Davon hat die Heldin nun genug. Resolut nimmt Oma Mahin (umwerfend grandios: Lily Farhadpour) die Dinge in die Hand. Kaum entdeckt sie im Rentner-Café einen Taxifahrer als idealen Kandidaten, geht sie in die Flirt-Offensive. Tatsächlich erwidert der Fremde ihre Avancen. Das Senioren-Paar im Single-Status verbringt einen Abend voller Zärtlichkeit und Leidenschaft, bis das Schicksal einen jähen Strich durch die Idylle macht.
Mit großem Einfallsreichtum schlägt die Handlung vergnügliche Haken und bietet Überraschungen der unterhaltsamen Art. Mit viel Empathie samt reichlich plausibler Psychologie sind die Figuren ausgestattet. Mit diesem frisch verliebten Seniorenpärchen lacht und leidet man unbedingt gerne mit, wie sich an der Stimmung im Kinosaal bestens ablesen lässt. Für Situationskomik ist gleichfalls gesorgt. Von heimlichen gekauften blauen Pillen über eine allzu neugierige Nachbarin bis zum gemeinsamen Duschen der etwas anderen Art reicht die gelungene Pointen-Parade.
Ganz nebenbei übt diese humanistische Komödie rigorose Kritik an den täglichen Schikanen der Staatsmacht. Frauen, deren Kopftuch nicht sitzt, werden von der Sittenpolizei ruppig abgeführt. Mutig stellt sich die Heldin dazwischen, kann eines der verunsicherten Mädchen sogar aus den Fängen der Häscher retten. „Würden Sie mit ihrer Mutter auch so grob umgehen wie mit mir?“ konfrontiert die 70-jährige Mahin den Polizisten, der plötzlich sehr kleinlaut von dannen zieht. Ähnlich mutig erweist sich das iranische Regie-Duo Maryam Moghaddam und Behtash Sanaeeha, die mit ihrem Film einiges an Sanktionen riskieren. Als Vorgeschmack wurde vom Mullah-Regime bereits die Ausreise zur Berlinale verboten. Den Triumph des Humanismus bei einem internationalen Publikum werden Betonköpfe eines mittelalterlichen Regimes freilich auf Dauer nicht aufhalten. Ein „Kuchen“, der eine glücklose Berlinale vor der Bedeutungslosigkeit bewahrte.(programmkino.de)
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So. 19:00
A KILLER ROMANCE  DF
Cinema ObscureHit Man – USA 2023, 113 Min.
Regie: Richard Linklater
mit Glen Powell, Adria Arjona, Austin Amelio
Eine skurrile „True Romance“ als schwarze Komödie mit Tiefgang
Trailer zu A KILLER ROMANCE
Weiterlesen... An einer Universität in New Orleans unterrichtet Gary Johnson (Glen Powell) Philosophie und versucht seinen bedingt aufmerksamen Studenten das Konzept nahezubringen, dass jeder Mensch praktisch alles aus seinem Leben machen kann, dass die eigene Identität form- und veränderbar ist.
Auf den ersten Blick wirkt Johnson nicht unbedingt wie ein gutes Beispiel für dieses Konzept, denn er lebt allein mit zwei Katzen namens Id und Ego, fährt ein unscheinbares Auto und wirkt mit seinem Kassengestell und den schlierigen Haaren wie ein typischer College-Prof. Doch als Nebenjob arbeitet Gary für die Polizei, baut kleine Überwachungskameras und assistiert bei Undercoveroperationen. Eigentlich nur aus dem Hintergrund, doch weil der Kollege Jasper (Austin Amelio) vorübergehend suspendiert wird, wird Gary kurzerhand befördert: Er soll als scheinbarer Auftragskiller agieren, um potentielle Kunden zu überführen, die ihren Ehepartner oder andere unliebsame Menschen ermorden lassen wollen.
Erstaunlicherweise entwickelt Gary großes Talent in seiner neuen Rolle, doch eines Tages sitzt ihm die attraktive Madison (Adria Arjona) gegenüber, die ihren gewalttätigen Mann töten lassen will. Statt den Auftrag anzunehmen und Madison ins Gefängnis zu bringen, beginnt Gary jedoch mit Madison zu flirten – und ihr den Auftragsmord auszureden. Und nicht nur das: Die beiden beginnen eine Affäre, die Gary in vielfache ethische Konflikte bringt.
Gary Johnson hat es tatsächlich gegeben, er lebte in Houston und agierte sehr erfolgreich als Lockvogel, mit dessen Hilfe die Polizei Menschen überführte, die einen Auftragskiller suchten. Eine nicht ganz unproblematische Methode, wie auch in Richard Linklaters loser Verfilmung von Johnsons Leben angedeutet wird: Immer wieder sieht man da Johnson potentielle „Kunden“ zu dezidierten Aussagen, also Geständnissen drängen, die ansonsten vielleicht gar nicht gefallen wären.
Doch auch ein anderer Aspekt wird beleuchtet: Die Frage, ob manche Menschen nicht tatsächlich den Tod verdienen, ob ein Auftragskiller oder die Todesstrafe – also quasi die gesellschaftlich legitimierte Form des Mordes – nicht eine notwendige Methode darstellen, um eine Balance zu halten, um das Böse in einer Gesellschaft zu eliminieren. In seinem Uni-Seminar lässt Gary diese Fragen diskutieren, während er sich in seinem Nebenjob zunehmend mit der Rolle des Auftragskillers anfreundet, anfangs noch, ohne sie wirklich bis zum letzten auszuüben.
Nach und nach ändert sich seine Rolle, seine Identität, wird er vom verkopften Uni-Prof zum lässigen Killer, der mit Madison eine sexuell aufgeladene Affäre eingeht, die auch davon lebt, dass sie glaubt, mit einem Killer ins Bett zu gehen. Das hätte auch der Stoff für ein schweres, von moralischen Fragen geprägtes Drama werden können, doch Richard Linklater neigt wie stets zu einer lässigeren, leichteren, aber keineswegs oberflächlichen Form. Auch wenn der Tonfall an eine schwarze Komödie erinnert: unterschwellig werden in „A Killer Romance“ moralische Fragen verhandelt, die den zunächst absurd anmutenden Ansatz auf überraschende Weise entwickeln. (programmkino.de)
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