Am 18.8. zeigt das Kinoptikum

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So. 11:00
THE STRAIGHT STORY - Eine wahre Geschichte  DF
Kintopp-Klassiker – USA 1999, 112 Min.
Regie: David Lynch
mit Richard Farnsworth, Sissy Spacek, Harry Dean Stanton
Anrührendes Road Movie der gemächlichen Art
Trailer zu THE STRAIGHT STORY - Eine wahre Geschichte
Weiterlesen... Der 73-jährige Rentner Alvin Straight (Richard Farnsworth) führt ein beschauliches und unauffälliges Leben in Laurens, einem ländlichen Teil des US-Bundesstaats Iowa. Wenn er seine Nachmittage nicht mit den Kumpels im örtlichen Pub absitzt, kümmert er sich um den Rasen rund um sein Anwesen. Entweder er mäht ihn oder er bewässert ihn. An regnerischen Tagen sitzen er und seine Tochter Rose (Sissy Spacek) vor dem Fenster und blicken gedankenverloren hinaus. Bis Alvin eines Tages die Realität aus seinem Alltag herausreisst. Sein Bruder Lyle Straight (Harry Dean Stanton) hat einen Schlaganfall erlitten. Der Wunsch, diesen noch einmal zu sehen, um dabei einen um ein Jahrzehnt zurückliegenden Streit zu schlichten, lässt Alvin — gepaart mit der Angst vor dem herannahenden Lebensende — eine außergewöhnliche Reise planen.
Bis nach Mount Zion in Wisconsin sind es 507 Kilometer. Der gebrechliche und sehgeschwächte Rentner ist weder gut zu Fuß, noch besitzt er einen Führerschein. Nichtsdestotrotz oder gerade deswegen will er die Distanz mit seinem Rasenmähertraktor zurücklegen. Seine Umgebung hält das für ein unmögliches Unterfangen. Aus Alvins Sicht ist das die pragmatischste aller Lösungen. Sein neuer Traktor — nachdem ihm der alte am ersten Tag auf der Straße den Dienst für immer verweigert — ist mit einem selber gebauten Anhänger versehen, diesen kann er nämlich auch zur Schlafstätte umfunktionieren. Schnell findet sich Alvin auf einem Roadtrip wieder. Mehrere Wochen wird er fortan unterwegs sein, bis er sein Ziel erreicht.
Während er die Strecke von Laurens bis Mount Zion zurücklegt, lässt er auch das Weite einer abwechslungsreichen Landschaft vorüberziehen und dabei auch sein Leben Revue passieren. Alvin wirkt wie ein einzelgängerischer Brüter, aber gegenüber Menschen, die er auf seiner Strecke trifft, ist er aufgeschlossen und gesprächig. Wie im Schritttempo bewegt er sich dabei auf den breiten amerikanischen Straßen, während Trucks und Fahrräder in höherer Geschwindigkeit an ihm vorbeiziehen.
David Lynch nimmt sich hier Alvin Straights außergewöhnlicher Lebensgeschichte an. Das Drehbuch dazu hat das Duo John Roach und Mary Sweeney verfasst. Die Kamera von Freddie Francis (für ihn und den Hauptdarsteller Farnsworth war es der letzte Spielfilm) zeigt hier bildgewaltige Landschaftsaufnahmen. Ebenso schön in Szene gesetzt sind vor allem die zwischenmenschlichen Zusammenkünfte und Beziehungen. Viel gesprochen wird im Film nicht, auf lange und wortreiche Dialoge wird gänzlich verzichtet. Gesagt wird trotzdem genug und so manches liest sich zwischen den Zeilen und dem Nichtgesagten.
The Straight Story — Eine wahre Geschichte ist ein herrlich unaufgeregter Film, der ein geradliniges und unkommentiertes Bild von Land und Leuten liefert. Das gemächliche Erzähltempo mit der für Lynch typischen Kameraschwenks machen es zu einem liebenswürdigen Filmerlebnis. (kino-zeit.de)
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So. 19:00
O.K.
Kintopp-Klassiker – BRD 1970, 80 Min.
Regie: Michael Verhoeven
mit Gustl Bayrhammer, Hartmut Becker, Eva Mattes
Der einstige „Skandalfilm“ von den Gräueln des Krieges
Weiterlesen... Es ist ein unmöglicher Film, damals wie heute, "o.k.", im Jahr 1970 produziert von Rob Houwer, Regie Michael Verhoeven. Ein Film, der Lässigkeit und Ernsthaftigkeit kombinieren will und dem dabei Brecht in den Sinn kommt, dessen Verfremdungstheater. Und der dann selbst absurdes Theater provoziert und die Berlinale sprengt.
Michael Verhoeven hatte Ende der Sechziger für Rob Houwer zwei sehr deutsche Lustspiele gedreht: "Engelchen macht weiter - hoppe, hoppe Reiter" mit Mario Adorf und Gila von Weitershausen und "Der Bettenstudent oder: Was mach´ ich mit den Mädchen?" mit Weitershausen und Hannelore Elsner. Es ist noch keine zehn Jahre her, dass das Manifest von Oberhausen verfasst wurde, in dem ein anderes deutsches Kino gefordert wurde, politisch und selbstbewusst, Rob Houwer hat es mitunterzeichnet. Im Spiegel las Verhoeven einen Bericht über einen Trupp amerikanischer Soldaten im Vietnamkrieg, die sich im Bong-Son-Tal ein vietnamesisches Mädchen schnappten, es drangsalierten, vergewaltigten, töteten. Er schreibt ein Theaterstück darüber, "Massaker", und macht dann einen Film daraus, "o.k."
Wir wissen nicht, wo das Bong-San-Tal ist, sagt einer der Schauspieler, als sie sich zu Beginn kurz vorstellen und ihre Rollen einnehmen. Das Spiel von Nähe und Distanz, sie sprechen Bairisch, das untertitelt wird. Bayern ist nah ... Gedreht wurde im Forst hinter Verhoevens Haus in Grünwald. Auch das Mädchen stellt sich vor, "ich bin Eva Mattes, sechzehn Jahre, ich spiele Mao".
Der erste Teil ist dann erst mal recht possenhaft, die Langeweile an der Dschungelfront. Schützenlöcher ausbuddeln, Frotzeleien, die ersten Frühlingsblumen sind schon da, Krokus und Seidelbast, "für die Natur, da braucht man einen Blick", ein Schokohase, es ist der Osterwaffenstillstand. Beträchtliche Zeit wird mit Watten verbracht, dem bayerischen Kartenspiel, da kommt die Untertitelung nicht mit. Das Mädchen radelt vorbei, mit einer Milchkanne.
Der zweite Teil ist aufdringlich, gemein, brutal. Das Mädchen wird gezwungen, seine letzte Beichte vor den Soldaten noch einmal zu wiederholen. Das geilt die Burschen auf. Verhoeven selbst verkörpert den guten Soldaten, der rennt davon und macht Meldung von dem Vorfall beim Captain - das ist Gustl Bayrhammer in US-Uniform, er schenkt erst mal zwei Runden Enzian aus und wiegelt dann alles ab.
Die Grausamkeiten in Vietnam gab es damals täglich in den Fernsehnachrichten, erinnert sich Verhoeven, sein Film legt ihren Kern bloß, den Mechanismus der Gewalt. Er wird der deutsche Beitrag der Berlinale, die damals noch ein Sommerfestival war. Es gibt viel Zustimmung bei der Premiere, aber der Jurypräsident George Stevens findet ihn antiamerikanisch. Es gibt Versuche, den Film vom Wettbewerb auszuschließen, Festivalchef Alfred Bauer verheddert sich in seinen Versuchen, alles runterzuspielen, das Jurymitglied Dusan Makavejev steckt die internen Vorgänge der Presse. Von Zensur ist die Rede. Houwer und Verhoeven ziehen den Film zurück, die Berlinale wird sang- und klang- und preislos abgebrochen. Kino als Happening, ein Film, der sich einfach nicht festivalwürdig und gediegen geben will. Der Menschheit ist die Kugel bei einem Ohr hinein und beim andern hinausgegangen, wird anfangs Karl Kraus zitiert. (SZ)
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