Am 25.5. zeigt das Kinoptikum

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Do. 18:00
TAGEBUCH EINER PARISER AFFÄRE  frz. OmU
Chronique d´une liaison passagère – F 2022, 102 Min.
Regie: Emmanuel Mouret
mit Sandrine Kiberlain, Vincent Macaigne, Georgia Scalliet
Die verspielte, in Frühlingsfarben getauchte Geschichte einer "Amour Fou" - in einer Melange von Woody Allen und Eric Rohmer
Trailer zu TAGEBUCH EINER PARISER AFFÄRE
Weiterlesen... Am Freitag, dem 28. Februar geht es los: Charlotte und Simon, die sich kurz zuvor kennengelernt haben, sehen sich wieder. Im Getümmel einer voll besetzten Bar kommt Charlotte praktisch sofort zur Sache: Sie will Sex, und zwar jetzt. Simon ist geschockt, schließlich hat er Frau und Kinder, aber er macht gerne mit, auch wenn ihn Charlotte mit ihrer provokanten Art ziemlich verunsichert. 14 Tage später treffen sie sich erneut. Die Abstände zwischen ihren Rendezvous werden kürzer, ihre Gespräche immer offener. Der Sommer kommt und geht, beide werden mutiger. Aber werden sie ihr Vorhaben realisieren können, auf Dauer eine unverbindliche Beziehung zu führen? Und ist das überhaupt erstrebenswert?
Sex ohne Risiko, aber mit einem festen Partner – davon träumt Charlotte, die schon oft enttäuscht wurde und glaubt, sie habe in Simon den perfekten Mann für ihre Pläne gefunden. Da er selbst gebunden ist, besteht keine Gefahr, dass er zu klammern beginnt. Und weil er alles andere als ein Macho ist, muss sie nicht damit rechnen, dass er sie egoistisch ausnutzt. Sandrine Kiberlain spielt die Charlotte als souveräne Frau mit einer leicht ironischen Attitüde. „Keine Fragen, keine Luftschlösser“, lautet ihre Devise. Manchmal erinnert sie in ihrer natürlich burschikosen Art stärker an die junge Diane Keaton als Diane Keaton selbst, wie eine moderne Annie Hall, nur ohne Neurosen. Der Film hat aber doch einiges mit dem „Stadtneurotiker“ gemeinsam, vor allem die Grundlage: ein Paar aus der intellektuellen Szene einer charismatischen Stadt, das schnelle, geistreiche Dialoge wechselt. Vincent Macaigne als Simon ist wie Woody Allen ein kleiner Mann mit schütterem Haupthaar – der denkbar größte Gegensatz zu der lässig eleganten, etwas schlaksigen Charlotte. Er ist ein liebenswerter Tollpatsch und generell ein bisschen verpeilt. Einmal sagt er sinngemäß, Charlotte müsse wohl sehr barmherzig sein, weil sie mit ihm schläft. Das zeugt nicht gerade von Selbstvertrauen. Aber davon bringt die coole Charlotte so viel mit, dass es für zwei reicht. Auch wenn die beiden zu Beginn nicht so wirken, als seien sie füreinander geschaffen, gibt es immer mehr, was sie vereint. Der Sommer vergeht, sie genießen gemeinsam das Leben, den Sex und die Unverbindlichkeit ihrer Beziehung, die alles ist außer ernsthaft. So sollte es jedenfalls sein.
Emmanuel Mouret inszeniert geschickt eine Geschichte, die – wiederum ähnlich wie bei Woody Allen – auch von der natürlichen Ausstrahlung und dem intelligenten Humor der Protagonisten lebt. Neben der Situationskomik, die hier deutlich dezenter ausfällt, gehört die beobachtende Kamera zum Stadtneurotiker-Package. Sie wartet manchmal schon auf die beiden, es gibt wenige Fahrten und seltene Nahaufnahmen, dafür Schattenrisse und ungewöhnliche Bildausschnitte, ähnlich wie in einem Dokumentarfilm, in dem Bildführung und Licht nicht immer kontrollierbar sind. Doch im Gegensatz zu Woody Allens Pärchen sind Charlotte und Simon zwei beinahe erschütternd normale Menschen, die weder laut werden noch überhaupt zu dramatischen Aktionen neigen. Stattdessen sind sie fast immer in Bewegung, was zu ihrer Beziehung gehört wie die ständigen Gespräche, die sie genauso verbinden wie der Sex, um den es ihnen eigentlich geht. Mouret verzichtet allerdings mit voller Absicht auf die Darstellung von Liebesszenen. Stattdessen setzt er auf pointierte Dialoge, die strömen und fließen wie ein Bächlein und manchmal schäumen wie ein Wasserfall. Der Tagebuchcharakter des Films, der immer wieder über Einblendungen betont wird, impliziert aber auch: Irgendwann wird all das ein Ende haben. Die spannende Frage aber lautet: was für ein Ende?
(programmkino.de)
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Do. 20:30
BROKER - FAMILIE GESUCHT  OmU
Asia Kino – ROK/JAP 2022, 129 Min.
Regie: Hirokazu Kore-Eda
mit Song Kang-ho, Gang Dong Won, Doona Bae
Eine ungewöhnliche Familienkonstellation auf moralischen Abwegen und turbulenter Odyssee durch Südkorea
Trailer zu BROKER - FAMILIE GESUCHT
Weiterlesen... An einem verregneten Abend in der südkoreanischen Stadt Busan, legt die junge So-young (der koreanische Popstar Lee Ji-eun) ihr Baby Woo-sung an einer Babyklappe einer Kirche ab. Doch statt das Baby in den Kreislauf von Waisenhäusern und möglicher Adoptionen zu geben, nehmen Sang-hyeon (Song Kang-ho, der Familienpatriarch aus „Parasite“) und sein Freund Dong-soo (Gang Dong-won) das Baby an sich. Nicht aus Böswilligkeit, sondern um es in gute Hände zu geben. Denn das koreanische Gesetzt besagt, dass ein an einer Babyklappe abgegebener Säugling nicht zur Adoption freigegeben werden darf, wenn die Mutter einen Zettel mit dem Inhalt „Ich werde wiederkommen“ beigelegt hat.
Ein Versprechen, das allerdings so gut wie nie eingelöst wird, wie Dong-soo aus eigener Erfahrung weiß. Und so versucht das Duo, die Regeln zu umgehen und den Babys unter der Hand zu liebevollen Eltern zu geben, die aus unterschiedlichen Gründen nicht offiziell als Adoptiveltern in Frage kommen. Verkompliziert wird die Angelegenheit im Fall des kleinen Woo-sung jedoch dadurch, dass am nächsten Tag seine Mutter So-young Gewissensbisse plagen und sie zur Babyklappe zurückkehrt. Doch das Versprechen, nicht wenig Geld für eine Adoption zu erhalten, lässt sie Schwanken. Fortan begleitet sie Sang-hyeon und Dong-soo beim Versuch, vertrauenswürdige Eltern für Woo-sung zu finden.
Dabei wird das Trio von den Polizisten Soo-jin (Bae Doona) und Lee (Lee Joo-young) beobachtet, die dem illegalen Adoptionsgeschäft schon länger auf der Spur sind, aber nur dann eingreifen können, wenn sie den Verkauf eines Babys auf frischer Tat beobachten
Keine Figur in Hirokazu Kore-Edas „Broker“ verhält sich wirklich einwandfrei, doch ebenso wenig hat eine der Figuren finstere Absichten. Aus diesen moralischen Ambivalenzen speist sich die Spannung in einem melodramatischen Film, dessen bisweilen haarsträubend konstruierte Handlung für Irritationen sorgt. Gelang es Hirokazu in seinen besten Filmen einen mitreißenden Fluss aus moralischen, gesellschaftlichen Zwängen zu erzeugen, erzählt er  in „Broker“ eine Geschichte, die so konstruiert wirkt, dass sie nahe am Exploitation-Kino erscheint.
Doch auch wenn immer wieder die Grenze zum Unglaubwürdigen gestreift wird: Im Kern ist „Broker“ dann doch durch und durch ein Hirokazu Kore-Eda-Film. Und das bedeutet komplexe Figuren, die sich in einer komplizierten Welt zurechtzufinden versuchen, die vielleicht nicht immer das Richtige tun, aber doch aus den richtigen Intentionen. Nach einem Ausflug nach Frankreich („La Vérité – Leben und lügen lassen“ mit Catherine Deneuve und Juliette Binoche) hat Hirokazu nun zum ersten Mal in Korea gedreht, vor allem aus dem Grund, weil das Themenfeld Babyklappe-Adoption-Abtreibung dort in der Öffentlichkeit deutlich offener und intensiver diskutiert wird als in Japan.
Vor allem dank eines hervorragenden Darstellerensembles kommen auch in dieser fremden Umgebung die Qualitäten des Kinos Hirokazu Kore-Edas zur Geltung: Ein humanistischer Blick auf eine Welt, in der es kaum möglich ist, immer das Richtige zu tun und sich dabei immer ganz genau an alle Regeln und Normen zu halten. Auch wenn das erzählerische Konstrukt von „Broker“ oft ächzt und knarrt, die Qualitäten von Hirokazus Blick auf die Welt und die Menschen, die versuchen sich in ihr zurecht zu finden, sind auch hier deutlich zu erkennen.
(programmkino.de)
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